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Der Fischer der Arche Noah (2005)
Ein Fischer stand auf einem Boot. Es war erbaut aus
purer Not, zu retten Hund und Katzgetier,
Schlangenbrut und Edelstier. Doch niemand dacht an
Fische, als zur Speis am Tische. Nur der Fischer
wohlgemut, Zupft an seinem grossen Hut. Es
war vorbei der Sturm, im Bade noch der Wurm. Es
kommt die Sonne schon, ein Nickerchen zum Lohn.
Lässt den Hut zu Boden, ein Schlaf um sich zu holen.
Da kommt der Noah angelaufen und sieht am Boden
einen Haufen. Der glitzert in der Sonne. Und Noah
lässt ne Tonne, Wasser auf den Haufen spritzen. So
man tut wenn Fische schwitzen. Da erschrocken kommt
der Blick. Noah gar nicht so verzückt. Der Fischer
war derselbst ein Fisch und kommt jetzt auf den Essenstisch.
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100 Franz Müller 2005
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Kind im Märchenwald (2005)
Musik macht Angst und Bang
Beruhigt tag- und nächtelang Fängt
an das Herz zu schlagen Als ob ein Kind auf dunklen Pfaden
Watet durch den Märchenwald kalt der Schrei der Eule schallt
Gleichsam öffnet sich das Tor Tut den
ersten Schritt hervor Und
so sehr verwunderlich Die Sonne um die Wange strich
Folgend nun den Stimmen So heilsam von der Liebe singen.
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101
Franz Müller 2005 |
Das Fragezeichen (2005)
Ein Gelehrter las einmal Sanskrit und
fragt sich was ein Ufo sei. Weise tut er ersten Schritt -
fügt dem Text ein Fragzeich bei. Es
könnt ja sein, sagt sich der schlaue Wicht, dass
steigt heraus ein Bein aus dieser grossen Kist.
Sodann der Ufonaut erquickt das grosse
Fragezeichen sieht. Genau die Antwort spricht und
wieder in die Kiste flieht Doch
schnell erahnt der alte Mann: Dieser Text und alle Wort,
waren nichts als Traum, denn das Zeichen steht noch dort.
Und die Frage selbst sie steht, wohl
gelöst vom Traum des Weisen, doch noch wo die Erde dreht
… Bleibt so stur auf Reisen!
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Franz Müller 2005 |
Der Feuerball (2005)
Donnerschlag und helle Blitze,
brüllen - strahlen durch die Ritze,
in den warmen Liebensraum,
Feuer, glühend, einen Traum.
Manches zugedeckt für lang,
als ob ein Menschchen bang,
hoffet sich ein Wärmchen zu erhaschen,
das da dringet durch die Maschen.
Welche stark aus Eisendecken,
diesen Feuerball verstecken.
Sagt’ schon einer der verschied:
„Du bist selbst der Eisenschmied“
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104 Franz
Müller 2005 |
Der Stau (2006)
Warme Händ und kalte Füss, sollt
nicht sein dass ich ein Mädchen küss. Was hat dies mit Füss
und Händ zu tun? Dieser Strahl aus kalten Schuh’n?
Treibt heraus das warme Flimmern, das da schwebt im
Lebensinnern. Greift an des Körpers Feuerglut, Es
fehlte einfach Heldenmut! Welche
Bremsen drückte ich zur Zeit? Was bemerkt’ ich nicht und war
gescheit? Im Kopf da drückte etwas stark zum Stau,
weiter drin - da weiss man’s ganz genau!
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Franz Müller 2006 |
Als ich nachts vor’m Geiste floh (2006)
Sonnenschein am lichten Tag,
ist nicht Wert zu singen mag. Kommt die Sonn’ um Mitternacht,
ein jeder spricht von Wunderkraft. Alle
Tag’ sucht der Gesang, jenen Schweif mit edlem Klang,
einen Weg durch die Kanäle, auf dass er sich vermähle,
mit der grossen luftigen Kraft, die täglich neue Freude
schafft. Und so dachte
ich – es ist doch so, als ich nachts vor’m Geiste floh:
Keines ist solch Wunderding, als wie der Mensch Gedanken fing.
Doch die Zeit hier ist beschränkt, gut hat’s der… nicht nur
an Sachen denkt.
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106 Franz
Müller 2006 |
Die Welt spricht über Harmonie
(2006)
Über dieser Welt, da schwebt ein Geier Hier und dort da lässt
er seine Eier Brüten von der allerbunten Schar Die
schon lang auf dem Planeten war. Schlüpfen
dann die Geier-Küken Vieles tut vor Freude hüpfen
Bis sie schwingen auf die Hüte Warten bis ne Seel’ sich lüfte.
Ja die Luft, die kommt hinein Lässt
die Seel’ das Suchen sein Und geniesst die hehren Freuden
Die so kommen stets von Neuem Sagt
mir doch der weise Mann Zur Freud gehört das Leiden an
Wir nehmen’s so gelassen hin Jede Freud zum Leid ist ein
Gewinn Und so läuft
die Zeit von dannen Kaum den Gipfel schon erklommen
Fällt die Seel’ in tiefe Spalten Vergessen diese andren Welten
Wo sanfte Stimmen ewig lang Die Erde schwingen mit dem Klang
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107 Franz Müller 2006
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Gedankensplitter (2006)
Ach die Welt sie ist so triste Alles
schaut und fährt mit Kiste Also braucht es gar kein Brett
vor’m Kopf Denn auch so hängt all’s am alten Zopf
Wenn der weisse
Schnee zu Regen runter fällt. Kommt der Frühling mit dem
Blätterzelt? Kann schon sein, doch muss nicht immer,
glaub der Petrus heut hat keinen Schimmer, wie er den Winter
kleiden sollte. Ob er grünen oder weisseln wollte.
Kommt die Frag: Wieso er’s nicht mehr weiss? Böse Zungen
meinen das sei Hirnverschleiss. Einer weiss was der vergessen
hat: Den der haucht und so das Wetter macht.
Was gibt’s
schön’res auf der Welt, als das Kind des Kleinen Hände hält?
Diese Hände sind so herrlich rein und klar. Kein Bild stellt
besser so die Liebe dar.
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Franz Müller 2006 |
Die Wand (2006)
Wie der Geist soll sein die Tat! Nein!
wie der Stolz so murrt der Rat! Irdgendwas von dem das ziehst
du vor. Bald hinter oder vorne diesem Tor, welches
klickt dann bald ins Schloss und fällst gar schnell vom hohen
Ross! Blitzgewandt und
auf die Schnelle, ist der neue Rat zur Stelle: Nimm
das Eisen in die Hand und hau ein Loch in diese Wand,
die dich so trennt vom ersten Rat: So wie der Geist soll sein
die Tat! Und so
tretest du durch’s Loch hinaus hell erleuchtet rosa
Seelenschmaus. Doch die Freud sie währt nicht lang,
Ein and’rer der das Eisen wieder schwang, über deinen stozen
Kopf hernieder und die Wand die steht schon wieder.
Langsam kommt der alte Rat: Wie der Geist soll sein die Tat!
Nie noch sah ich Eisenstangen schwingen,
die dem Geist am Arme hingen. Darum hört ich auf ne zarte
Stimme, die mir riet die goldne Hymne: Wie der
Geist soll sein die Tat! Ich nie mehr auf die Wand hin trat!
So schau ich hin das Wunder fliegt daher: Die Wand so
plötzlich steht nicht mehr. | 109 Franz
Müller 2006 |
Meine liebsten
"Ringelnatz-Gedichte" aus:
http://www.ringelnatz.net/html/joachim_ringelnatz_gedichte.html
Bumerang
War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum - noch stundenlang -
Wartete auf Bumerang
Der Komiker
Ein Komiker von erstem Rang
Ging eine Straße links entlang.
Die Leute sagten rings umher
Hindeutend: Das ist der und der!
Der Komiker fuhr aus der Haut
Nach Haus und würgte seine Braut.
Nicht etwa wie von ungefähr,
Nein ernst, als ob das komisch wär.
Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.
Die Schnupftabaksdose
Es war eine Schnupftabaksdose
Die hatte Friedrich der Große
Sich selbst geschnitzelt aus Nußbaumholz.
Und darauf war sie natürlich stolz.
Da kam ein Holzwurm gekrochen.
Der hatte Nußbaum gerochen
Die Dose erzählte ihm lang und breit.
Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.
Sie nannte den alten Fritz generös.
Da aber wurde der Holzwurm nervös
Und sagte, indem er zu bohren begann
"Was geht mich Friedrich der Große an!"
Ein männlicher Briefmark
erlebte
Ein männlicher Briefmark erlebte
Was Schönes, bevor er klebte.
Er war von einer Prinzessin beleckt.
Da war die Liebe in ihm erweckt.
Er wollte sie wiederküssen,
Da hat er verreisen müssen.
So liebte er sie vergebens.
Das ist die Tragik des Lebens! | 200 Joachim Ringelnatz | |
Weihnachtsstein
....einfach da sein....
......schenkt Ruhe in der Hand
das Zeichen am Wegrand erkannt die stille Antwort liegt in dir
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201 Meine Schwester |
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Wenn die Blümlein draußen zittern,
Und die Abendlüfte wehn,
Und Du willst mirs Herz verbittern,
Und Du willst jetzt von mir gehn,
|: Ach bleib bei mir und geh nicht fort,
An meinem Herzen ist der schönste Ort. :| |
2. Hab geliebt Dich ohne Ende,
Hab Dir niemals Leid gedan*,
Und Du drückst mir stumm die Hände,
Und Du fängst zu weinen an,
|: Ach weine nicht und geh nicht fort ,
An meinen Herzen ist der schönste Ort. :| |
3. Draußen in der weiten Ferne,
Sind die Menschen nicht so gut,
Und ich gäb für Dich so gerne,
All mein Leben all mein Blut,
|: Ach bleib bei mir und geh nicht fort,
An meinem Herzen ist der schönste Ort. :| |
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